Baja California
Reiseroute Mexiko
10.01.2016 - 1’650 lange, teils einsame, kurvige Kilometer sind es bis ans Südende der Baja California, der mexikanischen Halbinsel zwischen Pazifik und Cortez-See. Auf dieser Strecke gelangen wir vom winterlichen, kalifornischen Frost in sommerliche Gefilde mit traumhaften Stränden. Dazwischen Millionen Kakteen, liebenswerte Reisende und die Feiertage.
Kurz nachdem wir eine Woche vor Weihnachten die Grenze nach Mexiko überschreiten, fühlen wir uns in die dritte Welt zurück versetzt. Wie kann der kulturelle und wirtschaftliche Unterschied zwischen zwei benachbarten Ländern so gross sein? Schwappt gar nichts vom Wohlstand der USA hinüber ins südliche Nachbarland? Wo bleiben die amerikanischen Touristen? Warum ist die touristische Infrastruktur derart am Boden? Wo bleibt das Geld, das viele Mexikaner in den USA verdienen? Fragen, auf die wir während der nächsten 20 Tage im unmexikanischsten Teil von Mexiko keine Antworten finden.
In Ensenada kommen wir wieder so richtig auf die Welt. Wir lassen unser Öl wechseln und fahren dazu in einer einfachen Autogarage auf zwei Eisenträger über einer tiefen Grube. Wenn die Konstruktion bloss hält! Die Arbeit, die in den USA keiner machen wollte (Ölwechsel ohne den Filter mit zu wechseln ist höchst illegal, obwohl von Toyota so empfohlen) wird unkompliziert aber gemächlich erledigt. Das Nachtlager auf einem heruntergekommenen Campground am Meer erfreut unsere nach Kultur hungernden Geister wenig. Wir duschen mit – immerhin warmem – Salzwasser. Am nächsten Tag werden wir beim wasserspeienden Blasloch „La Bufadora“ von Touristenfallen wieder vertrieben. Schnell weg hier! Ein weiterer vernachlässigter Übernachtungsplatz in El Socorrito wartet auf uns, ein wundervoller Sonnenuntergang inklusive. Wenn wir die Wärme suchen, dann müssen wir noch mindestens bis La Paz – also weitere 1’000 km durchhalten, werden wir von US-amerikanischen „Expats“ aufgeklärt.
Am nächsten Tag gelangen wir in den Nationalpark um Cataviña. Nun trumpft die Natur ein erstes Mal mit zahlreichen Kakteen in karger Landschaft auf. Dafür erschreckt uns die Strasse: eng, kurvenreich und mit tiefen, unbefestigten Absätzen am Rand. Die Kreuze am Strassenrand für verstorbene Familienmitglieder und Freunde reihen sich aneinander. Wir haben mit anderen Reisenden abgemacht, von diesen aber schon seit mehreren Tagen nichts mehr gehört. Wo sie wohl hingefahren sind? Wir beschliessen einen Abstecher nach Bahía de los Angeles zu machen und dort eine Nacht am Meer zu verbringen. Das Wetter ist freundlich. Die Sonne scheint und das Meer liegt spiegelglatt vor uns. Wir spazieren der Halbinsel „La Gringa“ entlang und stellen uns an einen einsamen Strand für die Übernachtung. Kurz darauf fahren unsere Freunde mit lautem Gelächter vor. Was für ein Zufall. Die Wiedersehensfreude ist riesig! Am Abend kommt ein heftiger, kalter Wind auf, der uns im Auto regelrecht durchschüttelt. Unsere Stimmung sinkt zweitweise auf ein Tief. Wir haben genug von Mexiko gesehen und wollen gleich wieder zurück in die USA fahren. Unsere Vorstellungen von Mexiko sind ganz anders, als was wir sehen. Von hübschen Dörfern, Märkten, Sonne und Hitze ist nichts zu erahnen.
Trotzdem bleiben wir noch einen Tag in La Gringa und feiern nach einem sonnigen Tag mit Esther und Karl bei echtem Schweizer Raclette verfrühte Weihnachten. Unsere Stimmung steigt wieder an und wir beschliessen am nächsten Morgen, Mexiko doch nochmals eine Chance zu geben. So machen wir uns von der Bahía La Gringa also wieder auf den Weg nach Süden.
In Marasal auf einem hübschen Camping unterschreibt Ueli einen Arbeitsvertrag bei seinem ehemaligen Arbeitgeber. Unsere Rückreise in die Schweiz konkretisiert sich: Ab 1. Mai geht Ueli wieder in Zürich Oerlikon zur Arbeit!
San Ignacio ist unsere nächste Station. Im hübschen Dorf mit Plaza und alter Kirche sind wir gerade rechtzeitig um leckere, frisch gebackene Tortillas in der Tortilleria zu kaufen. Wir können zuschauen, wie die kleinen Fladenbrötchen gemacht werden: Teigbällchen werden von einer Maschine flach gedrückt und dann wie ein Frisbee auf eine heisse Platte geworfen. Dort werden sie auf beiden Seiten etwas goldbraun gebraten, bevor sie auf einem Gitter zum Abkühlen landen und kurze Zeit später in unserem Besitz sind. Sie schmecken sehr gut und reichen sogar noch aus, um Weihnachtssterne „auszubeissen“, die wir nachher an einen Kaktus hängen – unser Weihnachtsbaum.
Auf schlechten Pisten fahren wir der Bahía San Ignacio entlang südwärts. Sand, Kakteen und Blicke aufs Meer wechseln sich ab. Hin und wieder durchfahren wir eine einfache Fischersiedlung. Nach den rüttligen Kilometern erreichen wir in San Juanico ganz unerwartet eine gute Teerstrasse. Auf dieser rattern wir einem neuen Rekord entgegen: 170 km ohne eine einzige Kurve gilt es abzufahren! Eine lange Zeit! Unterwegs treffen wir auf Frizzi & Christoph, die wir in Argentinien kennengelernt haben und mit einem Landrover unterwegs sind. Dann geht die lange, gerade Fahrt weiter. Einem Tipp der beiden folgend, biegen wir etwas später zum Pazifik ab. Nach 33 Kilometern wartet ein einsamer Strand mit springenden Walen auf uns. Ein spezielles Erlebnis mitten in der Natur.
Am nächsten Tag fahren wir nach La Paz. Wir versorgen uns mit dem Nötigsten und einem Kaffee von Starbucks und fahren dann weiter nordwärts an die Bucht von Tecolote. Hier warten Sepp und Mona aus Deutschland auf uns, mit denen wir nun die echten Weihnachten feiern. Wir teilen viele Interessen und die Gesprächsthemen sind uns noch lange nicht ausgegangen, als wir 26. Dezember wieder zurück nach La Paz fahren.
Heute ist grosser Planungstag. Wir wollen die Heimreise etwas konkreter werden lassen und informieren uns zu Schiffsrouten und Agenten zwischen der Ostküste der USA und Spanien oder Portugal. Schliesslich finden wir eine Schiffsverbindung zwischen New York und Algeciras (Spanien), welche die Überfahrt in etwa 10 Tagen vollbringt. Jetzt müssen wir nur noch Agenten finden, die uns mit den Hafenangelegenheiten in Newark bzw. Algeciras behilflich sein können. Nachdem wir eine Fülle von Emails versendet haben, bleibt nichts Weiteres zu tun und wir machen uns wieder auf den Weg.
In Cabo Pulmo entdecken wir die Unterwasserwelt der Sea of Cortez und weiter südlich wunderschöne, einsame Strände. In San Juan de los Cabos holt uns die Zivilisation wieder ein. Wir fahren rasch durch die „Cabos“ hindurch. Hier startet ganz offiziell unsere lange Heimreise: Wir drehen am südlichsten Punkt der Baja California wieder nordwärts ab! Wir treffen uns für Silvester wieder mit Sepp und Mona, dieses Mal in Todos Santos. Gleich neben einer Schildkrötenaufzucht können wir die Nächte verbringen. Um 17 Uhr erhalten wir bei einer Gratisveranstaltung Hintergrundinformationen zur Arbeit mit den Schildkröteneiern, die zu dieser Jahreszeit in einer Art Treibhaus ausgebrütet werden. Jeden Tag um fünf werden die winzigen Schildkrötchen in die Natur entlassen, wo sich die Weibchen 20 Jahre lang darauf vorbereiten, wieder an Land zu gehen und ihre eigenen Nachkommen als Eier im Sand zu vergraben. Die Arbeit der Freiwilligen ist nötig, weil grosse Strecken des Sandstrandes, wo die Schildkröten ihre Nester bauen, mit Autos und Buggies befahren werden dürfen, was die frischen Nester natürlich extrem gefährdet. Jeden Morgen um 4 Uhr fahren die Mitarbeiter den Strand ab, um frische Gelege in einem umzäunten Gebiet in Sicherheit zu bringen. Schade, dass man in Mexiko für die Schildkröten solch spezielle Strände nicht wie im Oman schützen kann. Wir unterstützen die Arbeit der „Tortugueros“ mit einer kleinen Spende.
Wir bleiben auch zu Silvester an diesem Ort, essen mit Sepp und Mona in der Posada la Poza ein vorzügliches Mittags-Festessen und plaudern mit den schweiz-tschechischen Inhabern der wunderschönen Hotelanlage mit üppigem Garten. Den Abend verbringen wir im heimeligen Quartier unserer Freunde – es ist so gross, dass wir locker zu viert am Tisch sitzen und Wein trinken können. Wir halten tapfer bis Mitternacht durch und werden von den Mexikanern so richtig enttäuscht. Wir haben natürlich ein grosses Feuerwerk erwartet, aber nichts passiert. So hauen wir uns auch bald auf die Ohren. Mexikanische Musik aus den Autos rund um uns herum und das stetige Rauschen des Meeres lullen uns in den Schlaf.
Ein weiteres Mal verabschieden wir uns von Mona und Sepp und machen uns nach einem ausgiebigen Frühstück mit Blick auf springende Buckelwale wieder auf den Weg. Von La Paz fahren wir nach Loreto. Am heutigen 1. Januar ist das alte Dorf mit hübschen Häusern, Gassen und einer Promenade dem Meer entlang, wie ausgestorben. Bis wir wieder die USA erreichen werden, müssen wir noch einige Kilometer zurücklegen. Als Abwechslung fahren wir der tiefblauen Bahía Conception entlang, bleiben aber nicht an einem der schönen Stränden zwischen anderen Campern stehen, sondern fahren bis nach San Felipe. Bereits viele Kilometer vor der Stadt reiht sich ein Strandhaus an das nächste.
In einem Stück fahren wir danach zurück auf die Pazifikseite der Baja California und zurück zum Grenzübergang Tecate. Nachdem wir nun erfolgreich kreuz und quer durch die Baja gekreuzt sind, werden wir vor dem Grenzübergang wohl etwas übermütig und halten erst im letzten Moment bei einer Stopp-Tafel – oder vielleicht auch etwas zu spät – und werden tatsächlich von einem Polizisten angehalten. Er erklärt uns blumig und in aller Höflichkeit was unser Vergehen war (wir haben zwar noch angehalten aber erst auf dem Fussgängerstreifen) und dass wir doch mit ihm zusammen zum Polizeiposten fahren sollen um eine „multa pequeña“ zu begleichen. Wir können es nicht glauben: Wir haben in Mexiko unbehelligt so viele Stopps überfahren und nun sollen wir beim allerletzten Stopp vor der Ausreise noch gebüsst werden? In afrikanischer Manier redet Ueli mit dem Herrn und entschuldigt sich Tausendmal für sein Vergehen. Schliesslich lässt der Mann locker und lässt uns in die Schlange vor dem Grenzübergang einreihen. Wir warten 40 Minuten und werden in weniger als 5 Minuten „abgefertigt“. Wir sind zurück in den USA!
Reiseroute Mexiko
Mexiko
Hauptstadt
Mexiko-Stadt
Bevölkerung (Dichte)
112'468'855 (57 pro km2)
Fläche (im Vergleich zur Schweiz)
1'972'550 km2 (48 mal grösser)
Erhebungen
Höchster Punkt: Volcan Pico de Orizaba 5'700 m
Tiefster Punkt: Laguna Salada -10 m
Strassen
366,095 km
(geteert: 132,289 km; nicht geteert: 233,806 km)
Religion
Katholiken 82.7%, Protestanten 1.6%, Zeugen Jehovas 1.4%, andere Evangelikale Kirchees 5%, andere 1.9%, keine 4.7%, unbekannt 2.7%
Sprache
Spanisch
Lebenserwartung
77
AIDS Rate
0.3%
Untergewichtige Kinder unter 5 Jahren
3.4%
Bevölkerung unter Armutsgrenze
51.3%
Arbeitslosigkeit
4.5%
Lese- und Schreibfähig
86.1%
Währung
Mexikanischer Peso
1 CHF = 16.89 MXN (Stand: Dezember 2015)
1 CHF = 0.00 MXN (aktuell)
durchschnittliches Jahreseinkommen
$15'300
Militärausgaben (% des BIP)
0.5%