Westtürkei
Istanbul
Osttürkei
31.10.2013 - Über Pergamon und Ephesus erreichen wir Pamukkale mit den weissen Kalksinterterrassen. Nach ein paar Ruhetagen geht es weiter nach Kappadokien, wo wir in bestem Wetter die Landschaft erkunden.
Nach zwei wundervollen und wettertechnisch einwandfreien Tagen in Istanbul schiffen wir nach Asien über und fahren der Küste entlang südwärts. Die türkischen Hauptstrassen sind meist doppelspurig mit getrennten Fahrstreifen und von sehr guter Qualität. Auch das Verkehrsaufkommen ist vor allem über Land sehr gering (der Diesel kostet hier auch über 2.- CHF. Teuerster Diesel weltweit! Kein Wunder fährt niemand Auto.). So kommen wir rasch vorwärts. Es beginnt zu regnen und bei Ueli macht sich das erste Bauchgrimmen bemerkbar.
Pergamon (Bergama)
Die sehr regnerische Nacht auf dem Zeltplatz in Bergama geht nicht spurlos an uns vorbei. Zwar ist das Hubdachzelt schön trocken, trotzdem fangen wir einiges an Feuchtigkeit ein. Es hat nachts etwa vier Stunden am Stück gewittert und gestürmt. Kein Wunder also waren wir etwas nass.
Gegen Mittag öffnet sich der Himmel und wir können bei trockenem aber kaltem Wetter die Anlage auf der Akropolis über Bergama aus der Zeit der alten Griechen und der Römer besuchen. Die Zufahrt per Auto ist steil und eng aber gut zu machen (auch eine Seilbahn ist vorhanden). Auf der Hügelkuppe standen zur Zeit der Römer mehrere repräsentative Gebäude, sowie ein in den Hang eingepasstes Amphitheater. Da durch den wenigen flachen Platz auf dem Hügel die Piazza vor dem Palast nicht genug gross werden konnte musste eine aufwändige Konstruktion gebaut werden, die den Platz auf sich trug. Alles ist gut begehbar und auch das sehr steile Amphitheater mit einer atemberaubenden Aussicht ist einen Besuch wert. Wegen der Feiertage (Opferfest) sind die zusätzlichen Anlagen abgesehen von der Akropolis geschlossen.
Ephesus (Efes, wie das Bier)
Früh morgens treten wir als erste beim Haupteingang ein. Die folgenden zwei Stunden in der Anlagen sind traumhaft: praktisch keine Touristen und viel Zeit um die zahlreichen Ausgrabungen und rekonstruierten Gebäude zu besichtigen. Die Front der Bibliothek wurde in mühsamer Arbeit in acht Jahren wieder aufgebaut und rekonstruiert und ist ein sehr beeindruckendes Bauwerk. Auch der riesige arkadierte Marktplatz ist sehr eindrücklich, besonders wegen seiner Grösse. Die terrassierten Häusern, die durch ein Erdbeben unbewohnbar wurden und kürzlich ausgegraben wurden, sind mit anschaulichen Schildern beschrieben und sehr interessant. Der frühe Einsturz der Häuser hat die Einrichtung in sehr gutem Zustand bleiben lassen. Reiche Leute haben hier auf verschiedenen Ebenen gewohnt und sich einen Häuserkomplex mit etwa sieben Wohnungen geteilt. Kunstvolle Fresken, Mosaike, Marmorböden und -wände zieren die Zimmer. Wie bei den Römern üblich, gab es ein Kanalisationssystem. Ausserhalb der Hausmauern hatten die Handwerker wie Bäcker und Schmied ihre Ateliers.
Als wir aus der überdachten Anlage der terrassierten Häuser heraustreten erfahren wir, wie Ephesus normalerweise ausschaut: Vor lauter Touristen finden wir unseren Weg durch die Ruinen kaum. Man steht im Stau auf der grossen Marmorstrasse und folgt den Massen durch die Prozessionsstrasse. Der Hadriantempel wird nun von allen Seiten in allerlei Sprachen erklärt mit viel Ahs und Ohs bewundert. Dieselben Details werden der Reihe nach von zig Touristen fotografiert: Sieh dort, der Elefant, und da die Gründungsszene der Stadt, und hier diese detailliert gearbeiteten Säulen! Trotzdem finden wir den Weg zum Parlamentsgebäude, das für 5'000 Personen Platz bot und eine beeindruckende Akustik aufweist. Auch zum Amphitheater folgen wir den Massen.
Schliesslich haben wir die Touristen zur Genüge gesehen und machen uns auf die Weiterreise. Den ersten Teil unseres Besuches ohne die Touristen haben wir extrem genossen. Wir konnten wieder einiges dazu lernen und haben darüber gerätselt, wie die Stadt zu ihrer Blütezeit ausgesehen haben mag. Ein Kunstwerk aus Marmor muss hier in der mediterranen Natur gestanden haben. Auf den zweiten Teil hätten wir verzichten können.
Pamukkale
Weiter im Süden besuchen wir die römischen Ruinen von Hierapolis sowie die schneeweissen Kalksinterterrassen von Pamukkale. Diese Stelle war schon zur Zeit der Römer als Therme weit bekannt und es entstand eine grosse Stadt auf der Ebene oberhalb der Terrassen. Schneeweisse, kristalline Formationen bilden einen grossen Hügel am Rande einer ausgedehnten Ebene. Das kalkhaltige Wasser hat im Laufe der Zeit grosse, terrassierte, blau leuchtende sich ständig vergrössernde Terrassen entstehen lassen. Der oberste Teil und ein Zugangsweg können barfuss begangen werden. Aber Achtung, nicht zu weit vordringen, sonst pfeift der Aufpasser in deine Richtung!
In den 1960-er Jahren wurde die Anlage fast zerstört, da die Besucher sich frei auf den Terrassen aufhalten durften und das Baden in den seichten Kalkschalen nicht untersagt war. Die oberhalb der Terrassen gebauten Hotels entsorgten ihr Abwasser über die Terrassen und so war der weisse Kalk bald nicht mehr weiss. In aufwändiger Restaurationsarbeit und mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem erholt sich das Unesco Welterbe langsam von dieser extensiven Nutzung. Aber noch lang werden die Spuren der Zerstörung sichtbar sein.
Wegen des schönen Wetters und weil wir einen perfekten Standplatz in unmittelbarer Nähe der Kalksinterterrassen finden, machen wir hier drei Tage Pause. Inventar, erste Reparaturen, ein erstes Lagerfeuer einheizen, grillieren, Brot backen und Bauchgrimmen auskurieren brauchen unsere gesamte Zeit.
Çatalhöyük
Am eisigen Morgen besuchen wir die Ausgrabungsstätte von Çatalhöyük, Konya, Südwesttürkei. Im Besucherzentrum informieren wir uns über die Neolithische Kultur, aus deren Zeit die zu sehenden Behausungen stammen. Noch vor der Erfindung von Bronze- und Eisenwaren und lediglich mit der Verwendung von getöpferten Krügen, bearbeiteten Steinen und Knochen und geflochtenen Körben, Seilen und Matten liess sich ein Leben meistern. Die Dörfer hier bestanden aus dicht aneinander gebauten Wohneinheiten, die den Zugang über das Dach hatten. Im Innern der Behausungen fanden sich Kochnischen, Schilfmatten zum Schlafen, sowie religiöse Schreine. An den Wänden konnte man komplexe Wandmalereien finden. Das Klima in der Region zu dieser Zeit war ziemlich anders zum gegenwärtigen Zeitpunkt. So konnten die Menschen von Fischen, Auerochsen und domestizierten Schafen und Ziegen leben. Auch Korn wurde bereits angebaut und die Menschen kleideten sich mit Tierfellen.
Die Ausgrabungsstätte ist für uns Nichtarchäologen zunächst etwas enttäuschend. Die Forschungsarbeiten hier bestehen daraus die gefundenen Materialien abzutransportieren und die Gemäuer der ausgegrabenen Behausungen nur so lange stehen zu lassen bis alles dokumentiert ist. So sind die wichtigsten Funde dieser Ausgrabungsstätte nicht vor Ort zu entdecken, sondern können in umliegenden archäologischen Museen besichtigt werden. Wir bekommen aber einen guten Einblick, wie komplex solche Ausgrabungen sind und wieviele Wissenschaften hier zusammenspielen müssen um eine vergangene Kultur richtig verstehen zu können.
Kappadokien
In einem Bogen nähern wir uns der Zentraltürkei mit ihren wundersamen Landschaften und Steinformationen. Im pastellfarbenen Ihlara Tal können wir einen ersten Eindruck der zerfurchten Landschaft erhalten. Eine Wanderung im herbstlichen Tal, einem lebhaften Fluss entlang, bringt uns zu verschiedenen orthodoxen Kirchen aus dem 9. bis 12. Jahrhundert. Das Tal bot damals geflohenen Christen eine Zuflucht. Die Kirchen waren direkt in die weichen Gesteinsschichten gehauen worden und sind mit unzähligen farbenprächtigen Fresken verziert. Da der Zugang zu den Kirchen nicht überwacht wird, sind die teilweise über 1'000 Jahre alten Fresken durch Vandalismus stark beschädigt worden.
In Derinkuyu besuchen wir eine unterirdische Stadt. Über eine enge Treppe gelangen wir unter den Erdboden. Hier haben sich in der byzantinischen Zeit die Christen vor den Persern und Arabern zurückgezogen: mit Sack und Pack und ihren Haustieren. Mehrere Monate sollen sie so ausgeharrt haben. Die unterirdische Stadt kann man sich eigentlich wie einen Emmentalerkäse vorstellen, bei dem alle Löcher miteinander verbunden sind. Entweder direkt durch Durchgänge in Böden, Wänden und Decken oder durch enge Treppchen, die nur in stark gebückter Haltung begangen werden können. Die Aushöhlungen sollen über bis zu 8 Stockwerke gegangen sein und wurden über einen Luftschacht entlüftet. Bis zu 10'000 Leute sollen darin Platz gefunden haben. Auch mit der heutigen Beleuchtung sind die Räume und Gänge sehr dunkel feucht und stickig. Schwer vorstellbar, wie sich das im Ernstfall angefühlt haben muss – und wie ein so grosses unterirdisches System überhaupt erstellt werden konnte.
Graben im Tuff-Gestein scheint hier in der Region über sehr lange Zeit gross in Mode gewesen zu sein. Auch im Nationalpark um Göreme (Kappadokien-Hauptort) wurde in solchen Wohnungen gehaust (allerdings oberirdisch). Eine gut erkennbare, relativ weiche Gesteinsschicht ist an sehr vielen Orten sichtbar mit Löchern durchsetzt, die Eingänge zu Wohneinheiten darstellten. In einer solchen Wohneinheit essen wir in Göreme Znacht. Die Köchinnen sitzen mit den Gästen am Tisch und versuchen auf türkisch heraus zu finden, wer denn nun verheiratet ist und wieviele Kinder hat. Eigentlich wollen sie noch viel mehr wissen, aber ohne gemeinsame Sprache bleibt man doch sehr eingeschränkt. Dass Ueli und ich keine Ringe tragen, obwohl wir verheiratet sind hat sie aber sichtlich verwundert.
Die Landschaft um Göreme erkunden wir am nächsten Tag. Eine Wanderung früh morgens bringt uns ins Liebestal (siehe Bild für Erklärung). Die Landschaft scheint einem Kinderbuch entsprungen zu sein. Grosse und kleine Steinmännchen, die früher bewohnt waren und überall noch Fenster und Türen aufweisen ragen aus dem sandigen Boden in den tiefblauen Himmel. Dazwischen wir zwei kleinen Zwerge, die aus dem Staunen nicht mehr heraus kommen. Langsam beginnt die Sonne den Raureif von den Gräsern zu schmelzen und auch unsere Finger nehmen eine etwas natürlichere Temperatur an. Dieses Tal und das Zemi-Tal erscheinen am Morgen in besonders schönem Licht.
Abends folgt dann ein zweiter Spaziergang in der Märchenwelt in einem anderen Teil des Nationalparks. Die Sonnen steht schon knapp über dem Horizont und wir tauchen abermals in die bizarre Welt von Steinhäuschen und sandigem Gestein ein. Rosa, grün und weiss leuchten die Gesteinsschichten in der roten Abendsonne. Im Gegenlicht zeichnen sich hunderte Spitzchen und Güpfchen ab. Wahrlich eine wundersame Natur hier im zentralen Anatolien.
Istanbul
Osttürkei
Türkei
Hauptstadt
Ankara
Bevölkerung (Dichte)
77'804'122 (100 pro km2)
Fläche (im Vergleich zur Schweiz)
780'580 km2 (19 mal grösser)
Erhebungen
Höchster Punkt: Mount Ararat 5'166 m
Tiefster Punkt: Mediterranean Sea 0 m
Strassen
352,046 km
(geteert: 313,151 km; nicht geteert: 38,895 km)
Religion
Muslime 99.8%, andere 0.2%
Sprache
Türkisch, Kurdisch, Aserbaidschanisch, (Neij-)Awarisch
Lebenserwartung
73
AIDS Rate
weniger als 0.1%
Untergewichtige Kinder unter 5 Jahren
3.5%
Bevölkerung unter Armutsgrenze
16.9%
Arbeitslosigkeit
9%
Lese- und Schreibfähig
87.4%
Währung
Türkische Lira
1 CHF = 2.11 TRY (Stand: Oktober 2013)
1 CHF = 0.00 TRY (aktuell)
durchschnittliches Jahreseinkommen
$15'000
Militärausgaben (% des BIP)
5.3%