Kolonialstädte und Minen
Lagunen und Salzseen
Welcome to the jungle!
26.04.2015 - Von Uyuni aus starten wir unsere Städtetour in Bolivien: Potosí, Sucre, La Paz. Natürlich darf ein Besuch in der berüchtigten Silbermine im Cerro Rico nicht fehlen! Und auch die "gefährlichste Strasse der Welt" nehmen wir unter die Räder...
Zurück vom Salar lassen wir uns von "Minuteman" mit der besten Pizza unserer Reise verwöhnen. Dazu gibt es warmen Apfelsaft mit Zimt, ein Traum! Die Nacht verbringen wir auf dem Parkplatz vor der Kaserne Uyuni. Es gibt lauschigere Orte.
Früh am nächsten Morgen verabschieden wir uns vom Salar und Uyuni und machen uns auf den Weg nach Potosí. Wir kommen immer mehr in die Berge hinein und abseits der Strassen kultivieren einfache Bauern Quinoa und Korn und halten ihre Lamas, Schafe und Ziegen. Es ist ein einfaches Leben.
Potosí erscheint uns bei der Anfahrt als triste Minenstadt. Alle Häuser sind im Rohbau, keines hat eine Fassade. Die vorherrschenden Farben sind das Rot der Bachsteine und das Grau des Betons. Die Strassen sind extrem steil. Mitten in der Stadt liegt ein riesiger Haufen von Minenschutt. Ein trauriger Anblick. Wir stellen unser Auto bei einem Hostal ab und gehen zu Fuss in die Innenstadt. Was für eine Überraschung, als wir dort auf wunderschöne und gut gepflegte Kolonialbauten stossen! Das Stadtzentrum ist so ganz anders als die Umgebung und spiegelt den ehemaligen Reichtum der Stadt wider, als die Kolonialmacht Spanien hier die grosse Silberproduktion aufgebaut hatten. Potosí gehörte eine Zeit lang zu den reichsten Städten der Welt, bis die Silberminen langsam versiegten.
Während der Kolonialzeit arbeiteten die Mineure unter prekären Bedingungen. Die Indigenen aus allen Landesteilen mussten hier Frondienst leisten und alle sieben Jahre für ein halbes Jahr in den silberreichen Berg steigen. Ein Unterfangen, das für viele Minenarbeiter tödlich endete. Heute ist die Mine zwar offiziell geschlossen, trotzdem arbeiten noch tausende Mineure für sogenannte Cooperativas auf eigene Faust – zu identischen Bedingungen wie damals zur Kolonialzeit. Ausrüstung und Schutz sind nur marginal besser, Dynamit zum Sprengen, Schutzkleidung und Werkzeuge werden auf dem Markt in Potosí erstanden. Mit etwas Glück ist der Ertrag aus den Arbeiten im Cerro Rico um ein Vielfaches höher als der bolivianische Mindestlohn von etwa 180 USD. Hat man aber Pech und seine Mineralader versiegt, dann fängt man wieder von vorn an.
Die Tour (Big Deal Tours, ehemalige Mineure, Führungen auch in Englisch) in die Verarbeitungsanlagen und im Stollen selber sind eindrücklich. Überall stinkt es nach Chemikalien, uns wird strengsten verboten irgendeine Maschine oder die überall herumliegenden Schäume oder Schlacken zu berühren. Hochgiftig! Auch die Mineraladern im Cerro Rico sind teilweise sehr giftig. Gleichzeitig arbeiten die Mineure mit minimalstem Schutz jahrelang in dieser Umgebung. Kein Wunder ist die Lebenserwartung extrem tief. In gebückter Haltung treten wir auf 4'200 Meter über Meer in einen von den Spaniern gesicherten Stollen. Wir laufen auf Gleisen, auf denen die Erze aus dem Stollen gebracht werden. Gina, eine Einheimische aus Potosí ist auf der Tour dabei, um vor herannahenden Minenwagen zu warnen. Sie läuft voraus und ruft schon bald zu, wir sollen uns in Sicherheit bringen, ein Wagen sei am Anrollen. Wir haben Glück, es ist ein langsamer Wagen, einer mit Bremse. Die zweiten und dritten Wagen rauschen hingegen ungebremst und unbeleuchtet durch den schmalen Tunnel. Wir sind froh um die Gummistiefel, denn zwischen den Gleisen stapfen wir durch knöcheltiefen Matsch. Immer wieder stossen wir unsere behelmten Köpfe an Balken und Vorsprüngen an. Je weiter wir in den Stollen gelangen, desto heisser und stickiger wird es. Jetzt brauchen wir auch die Atemschutzmasken. In einem etwas abgelegenen Seitenstollen besuchen wir zwei Mineure. Gerade heute früh haben sie hier gesprengt. Das Gestein im Tunnel ist noch instabil und immer wieder fallen Steinbrocken von der Decke. Uns wird mulmig. Einer der Mineure schlägt mit Hammer und Eisen für die nächste Sprengung ein Loch in die Wand, der andere bricht mit einem Hammer Steinbrocken nach Qualität des Erzes. Hier hat sich seit der Kolonialzeit wirklich nicht viel verändert.
Auf dem Weg nach draussen besuchen wir noch kurz den Gott der Mineure, El Tío. Unser Tourguide bringt uns die Kultur der Mineure etwas näher und erzählt uns von den Opfergaben – vor allem Lamablut, Alkohol und Koka-Blätter – die gute "Ernten" im Berg sichern sollen. Alkoholismus ist unter den Mineuren hier ein grosses Problem. Meist wird der Schnaps in Form von 96%igem Alkohol getrunken – noch ein Gift für den Körper.
Als wir den Stollen wieder verlassen, sind wir bereits nach so kurzer Zeit und ohne schwere Arbeit zu verrichten richtig fertig. Gleichzeitig mit uns macht auch ein Arbeiter Feierabend. Mit gebücktem Rücken, einem Pickel in der Hand und verschwitztem Oberkörper gelangt er an die frische Luft. Heute hat er 20 Tonnen Erz auf Minenwagen geladen. Ein guter Tag für ihn!
Nach diesem eindrücklichen Erlebnis, wie eine Zeitreise in der Gegenwart, fahren wir weiter nach Sucre. Eine weitere, eindrückliche Kolonialstadt mit gut gepflegten, weissen Häusern, grosszügigen Strassen und unzähligen Minibussen erwartet uns. Noch ist die Regenzeit nicht vorbei. In einem hübschen Lokal testen wir die einheimischen Biersorten und warten bis das Gewitter vorbeigezogen ist. Im Restaurant La Taverne essen wir ein vorzügliches Menu, bevor wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg machen.
Wir entscheiden uns für den beschwerlichen Weg nach Oruro. Dafür müssen wir nicht dieselbe Strecke zurück nach Potosí. Anfangs noch auf einer Teerstrasse, geht es bald in eine Schotterpiste und später in einen Feldweg über. Auch hier hat es viel geregnet und es gibt noch viele Wasserdurchfahrten. Sobald sich die Landschaft etwas öffnet, finden sich neben der Strasse unzählige Bauerngehöfte, die auf Höhen von über 3'500 Metern über Meer Weizen, Quinoa und Bohnen anbauen. Jeder Fleck ist dann bebaut. Dass hier früher viel mehr Menschen lebten, sehen wir an den vielen ungenutzten Anbauflächen, die noch vor nicht allzu langer Zeit bebaut waren. Je näher wir Richtung Oruro kommen, desto besser ist die Strasse ausgebaut. Man arbeitet offensichtlich an einer Teerstrasse zwischen Oruro und Sucre. Der Verkehr auf dieser Strecke hält sich ohne Teerstrasse allerdings noch sehr in Grenzen. Ausser einer Handvoll einheimischer Wagen begegnet uns kein Mensch.Pünktlich aufs Wochenende gelangen wir nach La Paz. Wir quälen uns durch die unendlichen Vororte von El Alto und tauchen dann über die Klippe in La Paz ein. Auf schnellstem Weg geht es zum Hotel Oberland, unter schweizer Führung, wo wir uns auf dem sauberen Camping einrichten. Wir sind die einzigen Gäste. Im Restaurant geniessen wir ein Raclette und trinken dazu einen schmackhaften, bolivianischen Wein. Ein Stück Schweiz weit ab der Heimat.
Obwohl das Wetter nicht besonders gut ausschaut, fahren wir am nächsten Tag durch die ganze Stadt auf den 4'600 Meter hohen Pass La Cumbre, von wo es hinunter in die Yungas geht, in die Täler, die das Hochland mit dem Amazonasbecken verbinden. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen und fahren auf der berüchtigten Death Road bis nach Coroico. Zum Glück gibt es mittlerweile eine gut ausgebaute Teerstrasse, die den meisten Verkehr absorbiert. Wir möchten uns nicht vorstellen, wie man früher entlang dieser Strasse gekreuzt oder gar gewendet hat. Links der Strasse geht es zumeist mehrere hundert Meter steil ins Tal hinunter, die Strasse bietet kaum Platz für ein einzelnes Auto. Heute fährt man die Strecke recht entspannt, ist doch der Gegenverkehr praktisch aller weg. Die Aussichten sind tatsächlich spektakulär, das Wetter passt ausgezeichnet zum grünenden Wald, der uns bald schon begrüsst. Wir kommen in die Niederungen, das sieht man unmissverständlich. Nachdem wir über 2'000 Höhenmeter verloren haben, erreichen wir das Städtchen Coroico. Wir übernachten auf dem sehr engen und steilen Parkplatz des Hostels Sol y Luna etwas oberhalb der Stadt. Es gibt bestimmt bessere Stellplätze für Overlander.
Über die neue Teerstrasse fahren wir dann wieder nach La Paz zurück. Schliesslich muss am Montag unser Fahrzeug zu Ernesto Hug in die Garage. Bevor wir uns aber dorthin bewegen, gibt es noch Cordon-Bleu und Züri-Gschnätzletzt inklusive Rösti gegen unser Heimweh. Es ist ausgezeichnet.
Bei Ernesto werden wir am frühen Montag Morgen empfangen. Bald schon steht unser Zuhause auf Böcken. Während der nächsten Woche werden die vorderen Stützlager ausgetauscht, die Steckachse aufgeschweisst und diverse Kleinigkeiten repariert. Nach zwei Tagen in der Garage verabschieden wir uns und lassen Ernesto mit seinen Arbeitern selber weiterarbeiten. Wir sind dann mal im Dschungel!
Lagunen und Salzseen
Welcome to the jungle!
Bolivien
Hauptstadt
Sucre
Bevölkerung (Dichte)
9'947'418 (9 pro km2)
Fläche (im Vergleich zur Schweiz)
1'098'580 km2 (27 mal grösser)
Erhebungen
Höchster Punkt: Nevado Sajama 6'542 m
Tiefster Punkt: Rio Paraguay 90 m
Strassen
80,488 km
(geteert: 11,993 km; nicht geteert: 68,495 km)
Religion
Katholiken 95%, Protestanten 5%
Sprache
Spanisch, Quechua, Aymara
Lebenserwartung
68
AIDS Rate
0.2%
Untergewichtige Kinder unter 5 Jahren
4.3%
Bevölkerung unter Armutsgrenze
51.3%
Arbeitslosigkeit
7.5%
Lese- und Schreibfähig
86.7%
Währung
Boliviano
1 CHF = 6.07 BOB (Stand: April 2015)
1 CHF = 0.00 BOB (aktuell)
durchschnittliches Jahreseinkommen
$5'000
Militärausgaben (% des BIP)
1.3%