Nordwärts
Warten in Vancouver
Über dem Polarkreis
29.08.2015 - Vancouver war schön, aber jetzt geht's nordwärts! Fast immer schön den Highways nach fahren wir durch dichte Wälder, entlang wilder Flüsse und ruhiger Seen. Das Wetter zaubert.
Endlich, nach fünf Wochen Warten in Vancouver, erreicht uns die erlösende Email der Hafenagentin: Erster Versuch Customs Clearance um das Auto aus dem Zoll zu holen. Eine Stunde später werden wir beim Zoll vorstellig. Hier ist unser in Afrika und Südamerika antrainiertes Verhandlungsgeschick nötig. Tatsächlich wird unser Carnet ohne die sonst üblichen Zollkontrollen gestempelt. Das bedeutet nicht nur eine Zeitersparnis sondern auch eine Menge Geld, das wir fürs Reisen aufheben können. Glück gehabt!
Nach einer letzten Nacht in unserer wunderschönen AirBnB-Unterkunft in Burnaby und der Verabschiedung von unserem neuen Freund und Gastgeber Neil machen wir im Regen die letzten Besorgungen in Vancouver und kurz danach die ersten Kilometer nordwärts. Die guten Strassen und die guten Manieren der anderen Verkehrsteilnehmer sind wie Balsam nach den teils abenteuerlichen Verhältnissen auf der Südhalbkugel. Trotzdem biegen wir, sobald der Regen nachlässt, auf eine einsame Schotterpiste ab. "4x4 only" heisst es hier, aber wir sind definitiv schon Abenteuerlicheres gefahren. Immerhin bleiben die riesigen Campermobile der Einheimischen aus, die sind nämlich nur teerstrassenfähig. Bereits in der ersten Nacht in der kanadischen Wildnis bekommen wir überdies verärgerten Schwarzbärenbesuch. Welcome to Canada!
Unsere Weiterfahrt bringt uns rasant nach Norden. Ein kurzer Abstecher in Richtung Horsefly und den wunderbaren Seen einer Forestry Road entlang besorgt uns einen einsamen, wunderschönen Übernachtungsplatz mit Seeanschluss. Noch immer werden unsere Tage länger, je nördlicher wir kommen. Noch ist der Sommer nicht vorüber. Das durchzogene Wetter veranlasst uns weiterzufahren. Prince George und der Yellowhead Highway in Richtung Prince Rupert sehen wir auf der Durchfahrt. Einzige Station ist die gepflegte Rest Area in Topley an einem wunderschönen, ruhigen See.
In Vanderhoof lasen wir die Reifen auswuchten, was allerdings nicht viel gegen den Wobble hilft. Die Reifen haben seit Afrika doch schon wieder einige Schotterpisten-Kilometer abbekommen, umso schwieriger wird es, sie auszuwuchten. In Smithers ersetzen wir die Scheibenwischerblätter. Eine gute Investition, wie sich bald herausstellt. Schliesslich regnet es noch immer täglich mehrmals. Im Starbucks gibt es ein süsses Frühstück. Lauschig sind die Lokale hier aber im seltensten Fall. Meist befinden sie sich in einem Safeway Supermarkt mit ein paar wenigen, meist mässig sauberen Sitzplätzen.
Bereits auf der Anfahrt ins Bärenparadies Hyder sehen wir am Strassenrand die ersten Bären. Wie nicht anders zu erwarten, verschwinden sie rasch im Gebüsch am Strassenrand. Auf dem Abstecher nach Stewart und Hyder sehen wir nochmals Bären. In der Höhe streckt uns der Bärgletscher seine blauweisse Zunge entgegen. In Stewart dann düsterer Nieselregen. Hier überschreiten wir die Grenze in die USA nach Hyder. Da es von hier aber nirgends anderes als nach Kanada zurück geht, gibt es keine Grenzkontrolle – zumindest auf Seite Alaska. Wir durchqueren Hyder wie auf den Schildern verlangt mit der langsamen Geschwindigkeit von 20. Als dann ausserhalb des Dorfs die Geschwindigkeit immer noch auf 35 beschränkt ist, fällt uns ein, dass hier ja das imperiale Masssystem gilt und wir nun in Meilen pro Stunde rechnen dürfen! Also steht Ueli etwas mehr aufs Gaspedal.
Sofort stürzen wir uns ins angekündigte Spektakel: Fischende Grizzlies bis zum Abwinken, Schwarzbären und tausende Lachse. Was wir vorfinden, sind hunderte Lachse, die im seichten Bach versuchen ihre Eier abzulegen, Möven, zwei Adler, zwei lahme Schwarzbären, die allzu kurze Showeinlagen geben. Die Fische winden sich im seichten Wasser um Kuhlen zu graben, wo die Eier hinein abgelegt werden. Nachdem die Weibchen ihre Tat vollbracht haben, sterben sie und hinterlassen Nährstoffe für die kommende Generation. Der Geruch der Verwesung schlägt uns immer wieder entgegen.
Und schliesslich, nach stundenlangem Warten, endlich ein Grizzly, der genüsslich den Bach entlang geht. Hier und da erhascht er einen Lachs, wovon er die Fischeier frisst und die Hinterleibe schält. Den Rest verschmäht er und hinterlässt es den Möven und Adlern. Grosses Kino! Auch auf dem Holzsteg, der die Touristen vor der Wildnis schützt, ist einiges los. Man rennt sich mit Kameras und Stativen über die Füsse und versucht den besten Platz zu sichern noch lange bevor etwas passiert. Bewegt sich dann der Bär, dann rennen alle in besagte Richtung. Wer nicht mitmacht, verliert. Wir machen mit – und sind nun stolze Besitzer von Fotos eines fischenden Grizzlys!
Am nächsten Tag besuchen wir bei durchzogenem Wetter den Salmon Gletscher. Per Auto können wir bis weit oberhalb der Gletscherzunge fahren und von dort den atemberaubenden Blick auf das weite Eisfeld geniessen. Bei Sonnenschein bestimmt ein noch eindrücklicheres Erlebnis. Hier bekommen wir auch einen Beispiel davon, wie es mit vielen Mücken in Kanada und Alaska sein kann. Es ist nicht angenehm. Zum Glück werden wir sonst verschont!
Da das Wetter sich weiter verschlechtert, beschliessen wir weiter zu fahren. Luc, ein Reisender mit Motorrad, den wir in Ushuaia kennengelernt haben, ist mittlerweile zu uns gestossen. Es ist wunderschön, ein bekanntes Gesicht zu treffen. Die nächsten zwei Tage fahren wir also im Konvoi auf dem Cassiar Highway nach Watson Lake und teilen die zahlreichen Tiersichtungen und die schönen, üppig grünen Landschaften. In Watson Lake trennen sich unsere Wege wieder. Ein Wiedersehen wird es geben – irgendwo, irgendwann, vielleicht an einem anderen Ende der Welt.
Der Campbell Highway vermag uns zu begeistern. Eine wunderschöne, zumeist ungeteerte Verbindungsstrasse zwischen Watson Lake und dem Klondike Highway im Norden. Sie führt durch einsame, bewaldete Regionen, entlang von Flüssen und Seen. Das Wetter zaubert besonders in den Abendstunden: Schwarze Wolken, goldgelber Sonnenschein und Regenbogen machen die Fahrt unvergesslich. Wir stellen uns vor, wie unendlich ruhig es hier in der kalten und dunklen Winterzeit sein muss und wir sind voller Bewunderung für die Menschen, die diese Region seit Jahrtausenden ihre Heimat nennen.
Mit dem Klondike Highway kommen wir zurück in die Zivilisation. Parallel zur Strasse fliessend, begrüsst uns ein erstes Mal der mächtige Yukon Fluss. In vielen Armen fliesst er durch ein breites, wildes Flussbett. Die Strasse ist wieder mehrheitlich geteert oder auf gutem Wege dazu.
Warten in Vancouver
Über dem Polarkreis
Kanada
Hauptstadt
Ottawa
Bevölkerung (Dichte)
33'679'000 (3 pro km2)
Fläche (im Vergleich zur Schweiz)
9'984'670 km2 (242 mal grösser)
Erhebungen
Höchster Punkt: Mount Logan 5'959 m
Tiefster Punkt: Atlantic Ocean 0 m
Strassen
1,042,300 km
(geteert: 415,600 km; nicht geteert: 626,700 km)
Religion
Katholiken 42.6%, Protestanten 23.3%, andere Christen 4.4%, Muslime 1.9%, andere and unbekannt 11.8%, keine 16%
Sprache
Englisch, Französisch, Inuktitut
Lebenserwartung
81
AIDS Rate
0.3%
Bevölkerung unter Armutsgrenze
9.4%
Arbeitslosigkeit
7.3%
Lese- und Schreibfähig
99%
Währung
Kanadischer Dollar
1 CHF = 1.36 CAD (Stand: September 2015)
1 CHF = 0.00 CAD (aktuell)
durchschnittliches Jahreseinkommen
$41'500
Militärausgaben (% des BIP)
1.1%